Stanislav Aseyevs „Heller Weg“ und andere Empfehlungen von Sonja Zekri
In ihrem Artikel »Von Gott üppig bedacht worden« (Süddeutsche Zeitung, 7.3.2022) klärt Sonja Zekri über die kulturelle Dimension des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine auf: Mit der Souveränität der postsowjetischen Ukraine wird auch die eigenständige ukrainische Sprache und ukrainische Kultur geleugnet und niedergebombt. Die Literatur der Ukraine stellt Sonja Zekri mit einigen starke Autor:innen vor:
Bei der zeitgenössischen Literatur kann man, so schreibt sie, »zu den Gedichten und Romanen von Serhij Zhadan greifen, zu den Büchern des Schriftstellers und Performance-Künstlers Juri Andruchowytsch oder Oksana Sabuschko (»Planet Wermut«) oder die Deutsch-Ukrainerinnen Katja Petrowskaja (»Vielleicht Esther«) und Natascha Wodin (»Sie kam aus Mariupol«) lesen.«
»Wer es aushält, mag sich außerdemStanislav Aseyevs Lagererzählung ›Heller Weg« zumuten, ›die Geschichte eines Konzentrationslagers im Donbass 2017-2019‹ (Ibidem-Verlag). Der ukrainische Journalist Stanislav Aseyev verbrachte die meiste Zeit seiner zweieinhalbjährigen Haft wegen »Extremismus« und »Spionage« in diesem Foltergefägnis, dem »Donezker Dachau«. »Das Unheimliche an Aseyevs schmalem Band ist«, so Sonja Zekri, »nicht nur der Blick in den Abgrund an Rechtlosigkeit und Sadismus, der bereits vor dem russischen Überfall im Februar mitten in Europa klaffte, sondern dass in seinen Aufzeichnungen die Tradition der sowjetischen Lagerliteratur wie die der Erinnerungen aus deutschen KZs gleichermaßen aufscheint. Bei allem, was der Krieg in der Ukraine an Beängstigendem hervorbringt, muss deutsche Beobachter dies besonders schaudern lassen: die Wiederkehr der schlimmsten Topoi deutscher Verbrechen in Osteuropa.«
Sie empfiehlt abschließend die Gedichte von Taras Schewtschenko, »den einige für den ukrainischen Goethe oder treffender für den ukrainischen Puschkin halten«. In seinen Gedichten verfügten die Ukrainer seit fast 200 Jahren über eine eigene Literatursprache. »Wie Puschkin schrieb er gewagte Gedichte gegen die zaristische Unterdrückung […] und forderte die Abschaffung der Leibeigenschaft. Vor allem aber verlangte er das Ende der russischen Gängelung und ›Versklavung‹ der Ukraine.« Furchtbar aktuell sind also seine Gedichte. Allerdings findet sich im Libri Katalog zur Zeit kein lieferbares Buch von Schewtschenko.
MMH, 08.03.2022
Empfehlungen in unserem Libri-Shop »Ukraine literarisch. Eine unvollständige Auswahl« (Darunter auch die von Sonja Zekri empfohlenen Bücher.).